Anita Beermann ─ 30 Jahre Ältestenpredigerin

Anita, 30 Jahre bist Du nun schon Predigerin im Ehrenamt, das ist mit der Ausbildungszeit schon ein halbes Leben. Was hat Dich bewogen Predigerin im Ehrenamt zu werden?

Die biblischen Texte haben mich schon seit Kindergottesdiensttagen immer sehr interessiert, deshalb bot mir u. a. der Bibelarbeitskreis unserer Gemeinde viele Anregungen und neue Erkenntnisse. Beruflich hatte ich damals unter anderem auch Andachten für Mitarbeiter zu gestalten und als ich dann durch einige Jugendreferenten erfuhr, dass man in der eigenen Gemeinde zum Ältestenprediger ausgebildet werden kann, da habe ich einfach mal nachgefragt. Siehe da, Helmut Pante plante da gerade einen solchen Kurs und so begann eine Gruppe aus unserer Gemeinde mit der Ausbildung.

Wie lange dauert so eine Ausbildung und wie geht sie von statten? Muss man studieren, braucht man spezielle Vorkenntnisse?

Das Einfachste zuerst: Man muss kein Studium absolvieren und besondere Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Natürlich ist es gut, wenn man sich schon gut mit biblischen Texten auskennt, da ist es auch von Vorteil, wenn man z. B. im Bibelarbeitskreis mitgearbeitet hat. Der Kirchenrat kann Personen vorschlagen, von denen er annimmt, dass sie für den Predigtdienst geeignet sind.
Die Ausbildung dauert etwa drei Jahre. Seit meiner Ausbildung haben sich die Modalitäten mehrfach verändert. Als ich 1988 anfing, hieß es zwei bis drei Jahre, der (Orts-)Pastor bereitete uns auf die Prüfung /Kolloquium) vor, die in Leer im Landeskirchenamt vor dem Prüfungsausschuss, bestehend aus Mitgliedern des Ältestenpredigerausschusses und dem Kirchenpräsidenten, stattfand. Dort wurde „Querbeet“ befragt.

Heute beginnt man mit der einjährigen Lektorenausbildung, an die sich die zweijährige Ausbildung zum „Prediger im Ehrenamt“ anschließt, die mit der Prüfung endet.
Die Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen wurden aufgrund gemachter Erfahrungen und der Vergleichbarkeit mit der Prädikantenausbildung der lutherischen Kirche verändert. Neu ist jetzt auch die Umbenennung in „Prediger im Ehrenamt“.
Sehr hilfreich sind auch die 3 x jährlich von der Landeskirche angebotenen Fortbildungen, in einigen Gemeinden oder Synodalverbänden finden noch zusätzlich unterstützende Treffen statt.

In 30 Jahren erlebt man sicherlich eine ganze Menge. Was waren aus Deiner Sicht die herausragenden Ereignisse?

Herausragende Ereignisse gibt es meine ich so eigentlich nicht, jeder Gottesdienst ist wieder eine neue Erfahrung. Als Ältestenpredigerin predigt man ja nicht nur in der eigenen Gemeinde, sondern ist auch im ganzen Synodalverband und darüber hinaus unterwegs. So habe ich auch viele unterschiedliche Gemeinden und Menschen kennen gelernt. Zu Anfang meiner Predigertätigkeit war ich fast jeden Sonntag in einer Gemeinde, bis nach Schapen und Salzbergen. Das war interessant, aber neben dem eigentlichen Beruf auch oft sehr anstrengend.

Woran ich mich gerne erinnere, war ein Taufgottesdienst in Freren und eine ökumenische Trauung in der katholischen Kirche in Haselünne.

Wohltuend empfand ich in den ersten Jahren meines Predigtdienstes, dass alle Prediger unserer Gemeinde (Pastor, VikarIn, Theologische Mitarbeiter, Prediger im Ehrenamt), die in anderen Gemeinden gepredigt hatten, sich noch nach dem Gottesdienst in Meppen zum Kaffeetrinken trafen, falls in der Gemeinde, in der man gepredigt hatte, nicht noch ein Treffen stattgefunden hatte. Da kam uns entgegen, dass unser Gottesdienst in Meppen erst so spät beginnt. So konnten wir uns austauschen und auch mit den Menschen sprechen, die den Gottesdienst besucht hatten und konnten erfahre, „wo der Schuh drückt“. So weit wie manche Gemeindeglieder auseinander wohnen trifft man sich ja sonst nicht so oft.

Was sind die Aufgaben einer „PredigerIn im Ehrenamt“, und welche „Privilegien“ und Befugnisse hast Du?

Als „PredigerIn im Ehrenamt“ gestalte und halte ich eigenverantwortlich Gottesdienste, schreibe also eigene Predigten. Ich darf auch Amtshandlungen ausüben, also Abendmahl austeilen, taufen, trauen und beerdigen, in Absprache mit Kirchenrat und Gemeindepastor. Natürlich kann ich mich in allen anderen Gemeindebereichen engagieren.

Als „PredigerIn im Ehrenamt“ bin ich bis zum Pensionsalter (wie Pastoren) Mitglied im Kirchenrat (wenn man das als Privileg bezeichnen will) mit beratender Stimme, das heißt, ich darf mitreden, aber nicht mit abstimmen. Danach werde ich entpflichtet, bin also nicht mehr durch das Amt Mitglied im Kirchenrat, kann aber weiter predigen wie vorher, so wie mein Dienst gebraucht wird.

Wie kannst Du Dich aufgrund Deiner Position in die Gemeinde mit Deinen Ideen und Impulsen einbringen?

Da ich inzwischen entpflichtet bin, bringe ich mich ein wie jedes Gemeindeglied. Natürlich kenne ich viele Menschen aus der Gemeinde und viele kennen mich. Ich bin ansprechbar für jeden und setze mich da ein, wo ich meine Interessen und Stärken sehe. So arbeite ich z.B. mit in Diakonieausschuss und bin für unsere Gemeinde verantwortlich für den Weltgebetstag und natürlich kann ich noch predigen.

Hast Du eine Vision, ein größeres Ziel, bei dem zu erreichen Du sagst: „Ja, das ist es wert!“

Vision klingt so groß. Zurzeit hoffe ich nur, dass wir bald wieder zum normalen Leben zurückkommen und das es uns dann gelingt, wieder ein lebendiges Gemeindeleben zu gestalten mit Gruppen für Jung und Alt und gemeinsamen Unternehmungen, auch altersübergreifend, eben Gemeinschaft erleben.

Was würdest Du jemandem mit auf den Weg geben, der sich mit dem Gedanken trägt, „PredigerIn im Ehrenamt“ zu werden?

Wer „Prediger im Ehrenamt“ werden möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass er seinen Dienst eben vor allem am Sonntagmorgen versieht und das Predigen heißt, verantwortungsvoll mit Gottes Wort umgehen. Wer das weiß und sich intensiv mit den Texten der Bibel auseinandersetzen will, der sollte den Kirchenrat oder seinen Pastoren, seine Pastorin ansprechen.

Dankeschön Anita für diese Einblicke. Die Gemeinde ist auf jeden Fall froh und dankbar, dass Du für sie als Ältestenpredigerin deine Frau stehst und Dich mit ganzem Herzen einsetzt, Aufgaben übernimmst und Dich einbringst.

Ich danke dir für deine Informationen.

Franky Beerens

Beermann_30_Jahre

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